Der Komponist

Andere über Erőd

Irgendwann kam ein ganz süßer, lustiger Typ aus Ungarn. Iván Erőd hieß der… Der hatte nicht diese Scheuklappen mit den zwölf Tönen, der machte das anders. Es war sehr eindrucksvoll, ein Mensch mit einer starken Selbstsicherheit. Das animiert die Kollegen…
Diether de la Motte

Dein Leben und Deine Kunst werden zum Signal der Hoffnung. Denn es könnte doch wohl auch sein, dass das Verhältnis zwischen Welt und Kunst dereinst umkehrbar ist. Dass nicht immer nur Kunst das Leid der Welt zu spiegeln hat, sondern dass an irgendeinem Tag die Welt nach dem Muster Deiner Kunst zu Schönheit, Glück und Harmonie gesundet.
Peter Vujica

Erőd biedert sich nirgends an. Man kann durchaus nicht auf diese oder jene konkreten Vorlagen oder gar Leitbilder verweisen. Die großen Schmähnamen, die man gern aus dem Fundus holt, um der unkonventionellen Moderne, die sich den gängigen Schulen entzieht, kräftig eins auszuwischen, versagen diesmal den Dienst. Erőd ist künstlerisch unabhängig. Er steht musikalisch durchaus seinen Mann.
Klaus Geitel

Erőd ist ein konservativer Komponist, sich dessen auch voll bewusst, aber in der heutigen Zeit haben wir hoffentlich endlich gelernt, dass Stil über Qualität, vielleicht sogar über Aktualität nichts aussagt und dass Vielfalt einen höheren Wert besitzt als „Fortschritt“ (ist es nicht wunderbar, dass vier Komponisten der selben Generation so verschieden komponieren können, wie Helmut Lachenmann, Steve Reich, Harrison Birtwistle und Iván Erőd?); Erőds Musik wird innerhalb solcher Vielfalt immer einen Platz und eine Berechtigung haben, es ist schön, dass es sie gibt.
Alexander Wagendristel

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Ivan Eröd, Portrait © Amir Safari
Ivan Eröd © Amir Safari
Erőd über sich selbst

Mein Komponieren wurde nie durch eine Weltanschauung bestimmt oder dadurch, was gerade Mode war. Ich schätze das Handwerk hoch und höre nicht auf, von den großen Meistern der Vergangenheit zu lernen. Dabei glaube ich daran, dass die Quelle der Inspiration tief in unserem Inneren liegt. Meine Musik ist vielfältig wie die Welt; gelegentlich heiter oder spielerisch, da ich denke, dass das heutzutage notwendig ist, ein anderes Mal ist sie tief ernst, vor allem, wenn der Text danach verlangt, sie kann aber auch „erhaben“ sein (viele werden über den Gebrauch dieses Wortes lächeln), sehnt sich doch unsere Seele nach dem Transzendenten.

1988 schrieb der Komponist folgende Selbstdarstellung für das Beiheft zur „Musikalischen Dokumentation Iván Erőd“, einer Ausstellung, die vom Institut für österreichische Musikdokumentation in der Musiksammlung der österreichischen Nationalbibliothek gestaltet wurde:

„Kunst ist nicht eine bessere, sondern eine andere Existenz; sie ist nicht der Versuch der Realität zu entfliehen, sondern das Gegenteil: ein Versuch, sie zu beseelen. Sie ist der Geist, der einen Leib sucht und Worte findet“, schreibt Joseph Brodsky in seinem Essay über Ossip Mandelstam, „Kind der Zivilisation“.
Dichter finden die besseren Worte fürs Wesentliche.
Erklärungen über die eigene Kunst führen oft zu Missverständnissen. Sie liefern Schlagworte und ersparen die Auseinandersetzung mit dem Werk. Sie sind Nahrung für Journalisten. Es hat lange gebraucht, doch heute verzichte ich auf sie.
Ein Freund sagte zu mir vor wenigen Tagen: „Sie sind der in seinem Wesen heiterste Mensch, den ich kenne.“ Dieses Lob wog all die Verachtung, all das Belächeln, die mir je widerfahren waren, hundertmal auf.
Mit fünfzehn Jahren hab ich mir „meine Musik“ erträumt. Seither versuche ich sie in die Realität umzusetzen. Ich empfinde, daß es mir von Jahr zu Jahr besser gelingt.

Genau 20 Jahre früher hatte Erőd anlässlich der Uraufführung der Oper „Die Seidenraupen“ sein künstlerisches Credo mit einer für die Zeit der Avantgarde ungewöhnlichen und beinahe provokanten Maxime formuliert:

Kunst ist Kommunikation. Wenn ich Musik schreibe, so mit der Absicht, dass sie auch angehört und begriffen wird. Ich muss mich also einer Sprache bedienen, die geeignet ist, wenigstens von einer größeren Anzahl von Menschen verstanden zu werden…
Ich nehme weitgehend auf die Ausführenden Rücksicht. Aus zwei Gründen: erstens will ich nicht, dass die Anstrengung, der Kampf mit der Materie, ihnen die Lust an der Darstellung nimmt. Zweitens will ich, dass meine Musik so erklingt, wie sie gemeint ist, dass man sie ihrer Schwierigkeiten wegen nicht über Bord wirft und Theater mit obligatem – und vom Komponisten gar nicht so gemeinten – Lärm spielt. Letzteres habe ich besonders häufig erlebt. Es graut mir davor und ich will es unbedingt vermeiden.
Ich bekenne mich zur Melodie, zur Form und zum Effekt, drei Grundbedingungen, um Kommunikation mit Qualität zu gewährleisten…
Ich bin kein Purist, was die stilistischen Mittel anbelangt. Wir haben einige Jahrtausende musikalischer Vergangenheit hinter uns, ich sehe keinen Grund, mich vor ihr abzuschließen. Unbedingte Originalität der Sprache ist der Feind der Kommunikation. Sprache ist Übereinkommen. Musikalische Sprache auch.

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